Whatsapp gibt Telefon-Nummer an Facebook – warum das mehr ist, als nur eine Datenschutz-Änderung

Ich habe ja bekanntermaßen keine großen Berührungsängste, was Werbung mit Targeting anbelangt oder generell datengetriebene Geschäftsmodelle (nur falls das jemand in den Kommentaren zu leaken plant). Aber bei der aktuellen Meldung, dass Whatsapp nun die Telefonnummer an Facebook weitergibt, fröstelte mir doch kurz ein wenig.
Für die meisten liest sich die Meldung wie eine irgendwie erwartbare Anpassung der Datenschutzbestimmungen nach der Übernahme durch Facebook – vor allem aber liest es sich eigentlich nicht so schlimm, oder? Tochter gibt der Mutter Mobilfunknummer ihrer Kunden weiter (diese können auch widersprechen). Letztlich irgendwie auch harmlos. Allerdings muss man genau lesen, denn hier und dort heißt es, Facebook hätte damit die Möglichkeit, Nutzern bessere Angebote zu machen von Anbietern, die ebenfalls über die Telefonnummer des Kunden verfügen. Tatsächlich gibt es bei Facebook schon seit längerem für Werbekunden die Möglichkeit, ihre Kundendatenbanken hochzuladen und mit der Facebook-Kundendatenbank zu matchen, z.B. anhand von E-Mails, oder eben auch anhand von Telefonnummern. Nur war es bisher so, dass in vielen Fällen dieser match nicht klappte, z.B. weil Leute auf Facebook mit anderen E-Mails arbeiten oder weil sie ihre Telefonnummer dort nicht ablegen…
Der ganze Whatsapp-Deal macht jetzt schlagartig nochmal neuen Sinn und diese Änderung der Datenschutzbestimmungen ist deutlich mehr als nur eine kosmetische Korrektur. In Zukunft werden also Firmen, die irgendwo mal an eure Telefonnummer gekommen sind, mit einfachsten Möglichkeiten euch Werbebotschaften zustellen können und zwar personalisierte. Also wirklich im Sinne von “Mayer, warum sind sie gestern so schnell aus dem Laden gestürmt?” Und das nicht nur auf Facebook, sondern zunehmend auch außerhalb, denn FB baut die Möglichkeiten, die eigenen Daten auf Fremdwebsites fürs Targeting zu nutzen, permanent aus (wie Google übrigens auch).
Schön ins Bild dazu passt natürlich, dass Mobilfunk-Anbieter zunehmend am Datenbusiness teilnehmen wollen und Anbietern ebenfalls ermöglichen, zusätzliche soziodemographische Daten zur Mobilfunknummer anzureichern.
Damit wird die Mobilfunknummer langsam zu einer Art universal identifier, mit dem Tracking und Targeting über alle Grenzen hinweg möglich ist. Im Vergleich dazu erscheinen die bisherigen Cookies wie eine Werbetechnologie aus einer Folge der Waltons.
Das muss man im Effekt nicht schlecht finden, aber mich besorgt schon zunehmend, wie da en passant eine immer größer werdende, nun auch voll personalsierte Datenbank* entsteht, die unglaublich viele Details zu den jeweiligen Personen enthält und jetzt außerdem eindeutig der jeweiligen Person zugeordnet werden kann. Und: Es wird langsam fast unmöglich, das Internet pseudonym/anonym zu nutzen. Das ist nicht nur für Menschen, die Schutz benötigen, eine schlechte Nachricht, sondern generell für das Netz als ein Ort der offenen und kreativen Kommunikation.

*Es sind tatsächlich sogar viele Datenbanken, die sich permanent untereinander synchronisieren.

Category: Netzpolitik 17 comments »

17 Responses to “Whatsapp gibt Telefon-Nummer an Facebook – warum das mehr ist, als nur eine Datenschutz-Änderung”

  1. Ole

    Die von dir angesprochenen Custom Audiences von Facebook lassen sich in Deutschland dank unserer Datenschutzgesetze nur dann nutzen, wenn der Kunde/Gast explizit der Weitergabe der Daten zugestimmt hat. Ich denke, hier ist die Zahl überschaubar, in anderen Ländern sieht das sicherlich völlig anders aus.

  2. holadiho

    Da bin ich mir nicht so sicher. Zum einen wird es ja bald kein deutsches Datenschutzrecht mehr geben, sondern nur noch ein EU-enheitliches (das allerdings auch Zustimmungserfordernis haben wird). Dann ist es so, dass sicherlich oft die Zustimmung zur Weitergabe mehr oder weniger versteckt eingeholt wird. Und drittens: es gibt eine Technik, bei der die Nummer nicht weitergegeben werden muss, und der match dennoch hergestellt werden kann – nämlich indem nur hash-werte der Nummern gebildet werden. Bin mir nicht sicher ob FB das anbietet, aber schwer wäre es nicht. (ok, sie bieten es wohl an https://adparlor.zendesk.com/hc/en-us/articles/203611605-Facebook-Custom-Audiences)

  3. WhatsApp bietet nur Pseudo-Widerspruch zur Datenweitergabe an Facebook an | netzpolitik.org

    […] Wie das Blog Beimnollar schreibt, entwickelt sich die Telefonnummer zum wertvollen Universal Identifier, an den andere Datensätze rangehangen werden können und mit dem eine Identifizierung von Nutzern über Geräte- und Systemgrenzen hinweg stattfinden kann. Die Änderung bei WhatsApp ist also keine kleine Nebensache, sondern ein massiver Eingriff in die Datenschutzbestimmungen. […]

  4. Eberhard

    Facebook hat WhatsApp vor einem oder zwei Jahren gekauft. Die Kopplung der beiden Dienste gab es bisher schon; das mit den Telefonnummern ist jetzt nur ein zusätzlicher Twist. Insofern ist das nichts grundsätzlich Neues.

    Ich finde, Facebook sollte in Deutschland sowieso verboten werden, weil die viel zu viele Informationen weitergeben. Nicht an andere, und auch nicht an die Werbeindustrie, sondern an meine Freunde und Bekannte. Im Ortsverein oder im Unterbezirk werde ich versuchen, einen entsprechenden Gesetzesentwurf einzubringen; wer will mich dabei unterstützen?

  5. Matthias

    Es ist eigentlich nicht möglich auf Facebook eine Werbeanzeige zu schalten mit “Mayer, warum sind sie gestern so schnell aus dem Laden gestürmt?”. Ich kann maximal Gruppen mit einer bestimmten Präferenz, welche auch in meiner Kundendatenbank vorkommen bewerben.

  6. Ingo

    Hashes von Telefonnummern sind sinnlos, da trivial knackbar (also brute-force umkehrbar). Da kann man auch gleich direkt die Telefonnummer nehmen.

  7. holadiho

    Geht ja auch nicht darum das sicher zu verhashen – in dem Fall ist das eher ein rechtlicher Trick würde ich sagen…

  8. Jon

    Ein kleiner Denkfehler ist noch drin: Kennt Facebook deine Nummer nicht, können sie auch einen Whatsappaccount nicht einem Facebookaccount zuordnen. Werbung kommt daher höchstens über Whatsapp rein, was sie angeblich nicht tun wollen.
    Die schlechte Nachricht: Die Facebookapp greift sich so ziemlich alle Daten die sie bekommen kann, inklusive installierter Apps und aktuell laufender (Wieso kann man wohl Leute die Reiseapps verwenden als Target angeben?).
    Aber als jemand der Facebook boykottiert bleibt es weitgehend harmlos, weil Whatsapp damit nicht mehr kann und darf als bisher auch, solange man eben kein FB hat.

  9. Whatsapp möchte ja ’nur‘ die Telefonnummer an Facebook weitergeben, oder? – nullenundeinsenschubser

    […] Und wenn dann die Daten – unabhängig vom nicht oder doch geäußerten Widerspruch bei Facebook angekommen sind, stehen sie auch anderen Unternehmen zur Verfügung. Es ist also weit mehr: Stephan hat das mal in seinem Blog BeimNollar erklärt. […]

  10. Signal zum Wechsel: WhatsApp gibt jetzt Daten an Facebook weiter | netzpolitik.org

    […] Blog Beimnollar hat nochmal einen anderen interessanten Aspekt der Datenschutzänderung bei WhatsApp beschrieben, die deutlich macht, dass es sich hier nicht um eine kleine Änderung der Datenschutzbestimmungen […]

  11. holadiho

    @jon – bin mir nicht sicher ob das ein Denkfehler ist. Wenn tatsächlich die Telefon-Nummer zum Match verwendet wird natürlich schon. Aber ich gehe davon aus, dass dafür auch andere Wege gewählt werden (z.B. Cookies). Ansonsten würde ja die ganze AGB-Änderung gar keinen Sinn machen…

  12. Brix

    guten Tag
    in den allgemeinen Nutzungsbedingungen von WhatsApp heißt es u. A.

    Adressbuch. Du stellst uns regelmäßig die Telefonnummern von WhatsApp-Nutzern und deinen sonstigen Kontakten in deinem Mobiltelefon-Adressbuch zur Verfügung. Du bestätigst, dass du autorisiert bist, uns solche Telefonnummern zur Verfügung zu stellen, damit wir unsere Dienste anbieten können.

    Mich irritiert der Satz, dass ich autorisiert bin, die Telefonnummern meiner Kontakte zur Verfügung zu stellen
    Ich habe keinerlei schriftliche Erlaubnis meiner Kontakte, dass deren Telefonnummern weiter verwendet werden dürfen.
    Was für rechtliche Folgen können für mich entstehen, wenn ein Kontakt sich gegen diese Nutzung ausspricht, im schlimmsten Fall vor Gericht zieht,

    wenn ich WhatsApp weiter nutzen möchte, muss ich irgendwann ja die AGBs anerkennen.

    ich kann natürlich meine Kontakte löschen und ein manuelles Telefonbuch führen, oder den Dienst von WhatsApp nicht mehr nutzen, aber ist das wirklich so von WhatsApp gewollt??
    Danke für eine Erklärung

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