Twitterlesung 1.0 – Innovativ wie ein Opel Astra
Habe gerade gesehen, dass auf der re:publica09 die nächste Twitterlesung stattfindet. Das ist sehr schön, fand die twitterlesung von Anfang an grossartig und auch die zweite deutlich verbessert gegenüber der ersten.
Es gibt aber eine Sache die ich mir noch sehr wünschen würde – vielleicht finde ich ja Gehör…
Also: Die twitterlesung ist ja ein erstaunlich klassisches Format wenn man sich das mal überlegt. Da werden tweets ausgewählt, gesammelt, auf flickr zwischengespeichert, neu sortiert, in Powerpoint übertragen und dann – oftmals Wochen später – mit Beamer und lustigen Überleitungen vorgetragen.
Da ist hinsichtlich des Formates ungefähr so innovativ wie der neue Opel Astra. Und es bleibt auch weit hinter den eigentlich formatsprengenden Möglichkeiten und Herausforderungen von twitter zurück finde ich.
Was ich damit vor allem meine sind zwei Dinge: Zum einen Synchronizität. Zum anderen der Stream.
Erstmal Synchronizität.
Als Synchronizität (von griechisch synchron, gleichzeitig) bezeichnet Carl Gustav Jung relativ zeitnah aufeinander folgende Ereignisse, die nicht über eine Kausalbeziehung verknüpft sind, vom Beobachter jedoch als sinnhaft verbunden erlebt werden.
Das finde ich ja an twitter gerade so faszinierend dass es auch ein grosser Text ist der von vielen tausenden Leuten gleichzeitig geschrieben wird. Oftmals mit gemeinsamen Kristallisationspunkten, manchmal externen (#gntm, #tatort usw.) und oft natürlich internen. Das spannende jedenfalls sind bestimmte Textabschnitte daraus, also eine zeitliche Abfolge von tweets in einer Timeline irgendeines Users (z.B. von @pickiHH). Wie sieht diese Ihre Welt mit der Twitterbrille zum Zeitpunkt x? Was flüstern Ihr ihre Freunde da gerade zu? Welche absurden Zusammenhänge tun sich plötzlich auf?
Nun zum Stream: In der ersten Lesung hatte Picki mal sowas probiert wie “ein morgen auf twitter”. Geht schon in die Richtung. Was ich aber noch spannender fände wären kleine tweet-Kurzgeschichten aus dem Leben von einzelnen twitterern.
Man stelle sich vor einer wäre im Aufzug eingeschlossen und… Nein im Ernst: Dadurch, dass in den Lesungen immer nur einzelne tweets genommen und gesampelt werden geht dieser Stream-Zusammenhang natürlich ganz verloren. Dabei finde ich den oft so faszinierend.
Hier mal ein Beispiel, man könnte sicherlich dann was unterhaltenderes finden:
Oder das hier ist ein schönes Beispiel von unserem lieben @horax:
Na ja sind natürlich nur Ideen. Ich fände es jedenfalls toll wenn Ihr versuchen würdet auch im Format der Twitterlesung ein bisschen weniger Germanistik-Seminar-mässig daherzukommen sondern ein paar Sachen ausprobiert. Sozusagen eine R&D Strecke einbauen. Vielleicht ja auch bisschen mit Live-Tweets experimentieren, hm?
Jedenfalls habe ich manchmal das Gefühl, dass die Lesung irgendwie viel konservativer und konventioneller ist als die tweets die ja gleichzeitig im Hintergrund einlaufen. Das ist doch schade.
Wie auch immer, wird so oder so bestimmt ein grosser Spass!
Euer – @holadiho
Category: Nicht kategorisiert | Tags: twitterlesung 5 comments »
March 27th, 2009 at 11:54 am
Für Stream habe ich übrigens einen neuen tagesaktuellen Favoriten: @abotis Versuch sich von Bielefeld zu entfernen http://twitter.com/abotis/statuses/1400342509 und die Ermutigungen, Glückwünsche und Kommentare dazu: http://search.twitter.com/search?q=abotis
March 27th, 2009 at 11:58 am
Hallo Stephan,
vielen Dank für Deine Anregungen. Wir arbeiten laufend an der Verbesserung des Konzepts “Twitterlesung” und versuchen, uns für jede Lesung etwas Neues einfallen zu lassen.
Die von Dir angesprochene Synchronizität wird bei Twitkrit auch häufig in den Mittelpunkt gestellt.
Im Format der Lesung allerdings ist dies oft nur schwer zu handhaben. Schnell wird es ermüdend, zu lange Strecken eines einzelnen Twitterers zu lesen. Mehere Tweets unterschiedlicher Twitterer zu einem Event, z. B. #dsds oder #tatort sind indes denkbar und werden irgendwann auch sicher kommen.
Livetweets sind eine heikle Sache. Wir haben bei der ersten Twitterlesung gemerkt, dass gerade die Twitterwall, die parallel lief, mehr abgelenkt als zur positiven Grundstimmung beigetragen hat. Aber auch in Sachen “Live” gibt es einige Konzepte.
Also, lass Dich überraschen, was in Berlin so kommt – und vielleicht können wir uns ja auch noch einmal persönlich austauschen.
Beste Grüße
bosch
March 27th, 2009 at 12:02 pm
Ach ja, der Vergleich mit Opel hinkt natürlich: Die Lesung erfreuen sich großer Beliebtheit und benötigen keine staatliche Unterstützung. Die Twitterlesung ist mehr wie “Fahrradfahren zum Spaß” – es hängt ja nicht unser Lebensglück dran, obwohl es natürlich alles Beteiligten großen Spaß macht. Bevor Herr zu Guttenberg unseretwegen in die USA reisen muss, um unsere Lesungen zu retten, suchen wir uns lieber ein anderes Betätigungsfeld.
March 27th, 2009 at 6:49 pm
Lieber @bosch, danke für Dein nettes Feedback. Ich hoffe es ist klar geworden dass ich Euch (wie alle anderen auch) liebe für diese twitterlesung, auch wenn es für immer im Opel-Style bleibt (oder im Freihändig-Style von mir aus).
August 9th, 2019 at 9:34 am
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