Me and my Ampler – warum ich jetzt E-Bike fahre
Ich fahre seit neuestem ein E-Bike – das Stout von Ampler, einer kleinen Schmiede aus Estland. Ein wirklich tolles Fahrrad, auch ohne den Motor. Aber es hat ja einen, nur sieht und hört man den nicht (ist in der hinteren Nabe verbaut). Auch den Akku sieht man nicht (ist im Rahmen verbaut). Es hat auch keine fancy Bedien-Elemente oder Displays. Ein einziger Schalter am Rahmen deutet darauf hin, dass irgendwas anders ist an dem Rad, alles weitere wird in der App geschaltet. Und dann fährt es sich einfach so, wie es sich für Kinder reicher Eltern anfühlen muss durchs Leben zu gehen/schweben: immer leichter Rückenwind. Man kann drei Stufen einstellen – ja nachdem wie sehr man sich selbst betätigen möchte. In der stärksten Unterstützungs-Stufe hat es wirklich in manchen Situationen etwas von einem fliegenden Teppich. Ist natürlich für einen alternden unsportlichen Menschen wie mich toll, plötzlich an der Ampel wieder davonziehen zu können wie einst mit 16. Aber es gibt auch einen tieferen Grund, warum ich das angeschafft habe, und inzwischen erste Erfahrungen dazu, die will ich hier eigentlich kurz beschreiben – denn natürlich ist man sofort diversen Shaming-Attacken ausgesetzt, wenn Leute das sehen – grob aus zwei Richtungen, die eine ist die “Seniorenbike” Ecke, die andere die “das hat eine Batterie dafür müssen Kinder sterben” Ecke.
Für mich hat es einen ganz banalen Grund, warum ich das anschaffen wollte. Ich wollte häufiger mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren können. Mein Arbeitsweg ist ungefähr 7km lang und ich fahre auch so oft mit dem Fahrrad. Aber immer wieder auch nicht, und da gibt es ebenfalls zwei grössere Begründungs-Cluster. Der eine besteht darin, dass ich zu Arbeitsterminen nicht verschwitzt kommen will. Die Gefahr besteht vor allem dann, wenn man einen frühen Termin im Büro hat (oder in der Stadt) und durch das übliche Kinder-Gewimmel am morgen spät dran ist – und vielleicht auch noch schlecht geschlafen hat. Wenn ich dann zum Termin hetzen muss und es vielleicht noch bisschen warm ist oder falsch gekleidet komme ich verschwitzt an. Das hasse ich. Also fahre ich in solchen Fällen mit dem Auto. So eine Konstellation habe ich etwa einmal pro Woche. Der zweite Block sind Fälle, wo es einfach zu mühsam/nervig ist, mit dem Fahrrad zu fahren. Weil es kalt ist und/oder nieselt. Weil man müde ist und keinen Bock auf die Plackerei hat usw. usf.. Auch das kommt vermutlich mindestens auch einmal pro Woche vor (gilt übrigens auch für Rückweg, also wenn man einen schweren Arbeitstag vor sich hat etc.).
In beiden Fällen ist das E-Bike super und hat sich schon voll bewährt. Wenns morgens stressig ist, und ich unverschwitzt den Termin erreichen will, schalte ich einfach maximale Unterstützung ein und komme entspannt und pünktlich an. Übrigens – auch das ist oft ein Gegenargument – durchaus trotzdem mit guter körperlicher Betätigung, ich würde sogar sagen für Herz-Kreislauf Perspektive optimal. Wenn es regnet, ziehe ich das Regencape über, das bei normalem Fahrrad wegen erhöhtem Wind-Widerstand meistens ein grauenhaftes Fahr-Erlebnis beschert. Und segle damit durch den prasselnden Regen (ok, muss noch Waden/Fuss-Schoner anschaffen). Wenn es kalt und fies ist, ziehe ich mich einfach kuschelig warm an und fahre trotzdem.
Natürlich gibt es auch noch zig andere Situationen, wo das leichtere Fahren die Entscheidung begünstigt das Fahrrad zu nehmen. Also z.B. Fahren mit Kinder-Anhänger. Kurz ins Büro fahren um was zu holen. Fahren und dabei telefonieren ohne abgehetzt zu wirken, usw.
Und es sollte nicht verschwiegen werden, dass es einfach auch mehr Spass macht. Es fühlt sich einfach an, als führe man ein gnadenlos gut fahrendes Fahrrad und hätte eben immer leichten Rückenwind. Wer könnte das nicht wollen?
Geil am Ampler (bekomme nix für den Post, keine Sorge) ist auch noch, dass es gut aussieht und unfassbar leicht ist (17kg). Es ist defacto leichter als meine bisherige Gazelle, was nochmal Anwendungsfelder erschliesst.
Wichtig zu erwähnen ist überdies, dass es mich praktisch nichts gekostet hat auf dieses Fahrrad umzusteigen. Mein toller Arbeitgeber bietet nämlich Jobrad an, d.h. das Rad kann wie ein Dienstwagen über den Arbeitgeber geleased werden. Wird dann über Gehaltsumwandlung aus dem Brutto + Dienstwagenprivileg und Arbeitgeberzuschuss finanziert. Wir sind ja ein Startup, geht also sogar da (ok, war nicht ganz einfach). Aber jeder gute Arbeitgeber sollte das anbieten können.
Generell glaube ich, dass E-Bikes ein spannender Baustein für eine neue Mobilität sein können. Ein Fahrrad ist ein sehr freundliches Verkehrsmittel, man kann damit im Grünen fahren (Achtung, nicht mit Pedelecs die bis 45km/h gehen), es nimmt wenig Platz weg, hat keine Emissionen und der kleine 300Wh Akku kann problemlos mit Sonnenstrom aufgeladen werden. Übrigens macht die E-Motor Unterstützung natürlich auch Lastenfahrräder und Co zu viel brauchbareren Alternativen, das habe ich noch gar nicht oben berücksichtigt. Was ich an der Kombi auch gut finde ist, dass man sich trotzdem sportlich betätigt (anders als bei E-Scootern/Rollern etc.) und alle Wege nutzen kann, die Fahrrädern vorbehalten sind.
Ach und für alle Fahrrad-Laden Hasser (zähle mich auch dazu). Das Stout bestellt man im Internet und es wird per Spedition gebracht. Kommt so an:
Was ich genial fand dabei: das einzige, was ich tun musste um es in Betrieb zu nehmen ist Pedale einschrauben, Lenker ausrichten und festschrauben, Sattel einstellen. Alles andere war perfekt vormontiert und eingestellt. Hat weniger als 15 Minuten gedauert das in Betrieb zu nehmen.
Ein Vergleichs-/Testvideo hat mir besonders bei meiner Entscheidung geholfen, insbs. da das Ampler häufig mit dem VanMoof verglichen wird.