Wie ich unseren Gasverbrauch um 44% und den Stromverbrauch um 30% reduziert habe – (fast) ohne zu frieren
Heute Post von unserem Gas-Versorger bekommen und nun ist es amtlich – wir haben in den vergangenen 12 Monaten unseren Gas-Verbrauch um 44% senken können! Und das alles über eine Reihe von meist kleineren Optimierungen, die ich gleich schildern möchte. Auch den Strom-Verbrauch haben wir signifikant senken können – um etwa 30%. Ich will mich/uns nicht zu sehr damit rühmen, denn es bedeutet auch einfach, dass wir zuvor wie bescheuert Energie verbraucht haben – aber das ist eben auch Teil dieser Story. Und obwohl ich glaube, dass wir im Klima-Schutz vor allem politische Maßnahmen und Veränderungen der großen Firmen benötigen tut es einen Moment lang gut, selbst im kleinen auch was bewirken zu können. Außerdem hatte ich wirklich Schiss vor der Explosion unserer Energie-Kosten und immer höherer Abschläge. Unser Abschlag für Gas hat sich jetzt fast halbiert. Wie schön. Auch fürs Klima.
Ich will im Folgenden mal kurz grob erläutern, was wir bei uns verändert haben um diese Einsparungen zu erzielen ohne zu sehr ins Detail zu gehen – eine Sache, sozusagen ein abstraktes Learning aus all den Sachen auf die ich gestoßen bin dabei aber schonmal vorab: Nicht nur BASF und unsere Groß-Industrie war in den letzten Jahren auf das Mantra der billig verfügbaren (russischen) Energie getrimmt – auch wir alle, und die Hersteller von Heizungen, die Ausbildungsbetriebe für MonteurInnen usw. – wir haben einfach viele Jahre nach dem Scheissegal-Prinzip gelebt. Und da das in den verschiedensten Tiefen unserer Verhaltensweisen, aber auch der Geräte und der Infrastruktur usw. eingegossen ist, wird es sich so ohne weiteres auch nicht schnell ändern. Es sei denn wir tun was. Dass es da Einsparmöglichkeiten geben würde war mir schon klar, aber 44% ist krass.
Also, was habe ich getan, erstmal im Bereich Gas. Zu unserem Setup, wir wohnen in einem Einfamilien-Haus und haben eine Gas-Zentralheizung mit zusätzlicher Solar-Thermie auf dem Dach.
Als erstes habe ich natürlich die Raum-Temperatur abgesenkt und an ein paar Stellen die Heizkörper-Thermostate ausgetauscht, so dass diese wieder besser regelbar waren. Habe auch diverse smarte Thermostate (von Homematic) im Einsatz, aber die sind noch wenig optimiert, da wäre noch weitere Luft drin. Habe auch einige Experimente unternommen um die Kinderzimmer nur dann aufheizen zu lassen wenn jemand da ist, das hat aber nur so mäßig funktioniert. Für diese Optimierung jetzt habe ich vor allem zentral in die Steuerung eingegriffen und das gesamte Temperatur-Niveau leicht abgesenkt (übrigens eine totale UI/UX Katastrophe diese Heizungs-Steuerung). Wirklich nur leicht, eher so auf 22C. Nacht-Abschaltung etwas vorgezogen. Etwas später mit der Aufwärmung begonnen. Und da den Einsatz der Solarthermie optimiert, die durfte nämlich in den vorherigen Einstellungen praktisch gar nicht ran. Denn bis dato war die Heizung auf “ab 6:00 morgen muss alles voll aufgeheizt werden” eingestellt. Da die Sonne erst um die Zeit aufgeht oder auch etwas später, hatte die Thermie praktisch keine Chance einen nennenswerten Beitrag zu leisten. Habe demnach den Beginn der Aufheizung leicht nach hinten geschoben und einen speziellen Parameter in der Heizung hochgeschraubt der den Einfluss der Thermie regelt, also wieviel die Zieltemperatur verfehlt werden darf damit die Thermie dazukommen kann. Auch die Absenkung des Zielniveaus hilft der Thermie, ebenso wie die Erlaubnis der Überheizung, denn das speichert ja Sonnen-Energie.
Dann war ein großer Block das Warmwasser. Das war wirklich verrückt, denn das war bei uns so eingestellt, dass praktisch von 5:30 bis 23:00 ständig 65C heißes Wasser in rauen Mengen zur Verfügung gehalten wurde. Das Aufheizen begann also etwa um 5:00 morgens. Keine Chance für die Sonne. Außerdem zu heiß und zu früh. Den Grund für zu heiß hatte ich auch schnell gefunden, denn die verfügbare automatische thermische Desinfektion war disabled. Dann muss das Wasser natürlich diese Aufgabe im Normalbetrieb übernehmen… Also enabled, Wasser-Temperatur abgesenkt bis an den Schmerzpunkt (=Familie beschwert sich über kalte Dusche). Dann habe ich mich gefragt: brauchen wir wirklich so viel heißes Wasser über den ganzen Tag? Natürlich nicht. Geduscht wird meist morgens und unsere Heizung verfügt über einen praktischen Schnell-Aufheiz-Knopf für den man halt in den Keller laufen muss. Nur 15min danach ist das Wasser schon ausreichend warm. Auch für eine Badewanne geht das so. Ergo habe ich die Warmwasser-Bereitung so modifiziert, dass sie überhaupt nur morgens stattfindet, danach bleibt das warme Wasser lauwarm – es sei denn, man drückt den Knopf. Das war wirklich nur eine kleine Komfort-Einbuße obwohl die pubertierende Tochter schon erstmal mit den Augen rollte. Und ich stehe wenn ich sehr früh los muss ab und zu unter einer fast kalten Dusche. Nicht so schlimm.
Ein nettes Zwischen-Finding war dann noch die Warmwasser-Zirkulations-Pumpe, die ich in einem hinteren Eck des Heizungskellers entdeckte. Man muss sich klarmachen, wofür die da ist: die sorgt nämlich nur dafür, dass das warme Wasser sofort aus dem Hahn kommt, wenn man es aufdreht, egal wo im Haus. Also eine totale Komfort-Funktion. Verbraucht in Summe ordentlich Strom. Hinzu kam bei uns noch, dass diese zwar mit einer Zeitschaltuhr geregelt wurde um sie nicht dauerhaft laufen zu lassen und in der Nacht weniger als am Tag – aber bei näherem Hinschauen stellte ich fest, dass die Zeitschaltuhr selbst auf Dauerbetrieb stand! Wahnsinn. Habe ich jetzt modifiziert, manchmal dauert es 1-2sec bis man warmes Wasser am Hahn hat, that’s it.
Was Gas und Heizung anbelangt war es das eigentlich, habe noch ein paar Räume (Keller, Spielzimmer im Dachboden) runtergeregelt und ein paar peinliche Dinge eingeführt, wie z.B. die Heizung in Sparmodus zu stellen wenn wir ein paar Tage weg fuhren. Auch das geht mit fast null Komfort-Einbußen wenn man die entsprechende Zeitschalt-Funktion in der Heizung beachtet (oder nette Nachbarn hat).
In Bezug auf Strom kamen noch ein paar Spezialmassnahmen dazu, habe die elektrische Fußbodenheizung in den Bädern komplett deaktiviert, bzw. wird nur noch on demand manchmal kurz angemacht wenn jemand badet z.B.. Wo ich einiges geändert habe ist die Kaffeemaschine. Wir haben da so ein Siebträger-Monster das dann guten Kaffee macht, wenn es gut vorgeheizt wurde. Und wir trinken gerne hier und da Kaffee über den Tag verteilt. Also war die so eingestellt, dass sie 4:30 morgens anging (!) und dann irgendwann 17 Uhr wieder aus. Die zieht aber im Heizbetrieb bis zu 2kWH! Auch das optimiert, viel später eingeschaltet, wird dann vormittags um 9:30 ausgeschaltet, dann mittags kurz wieder an, dann auch schnell aus. Ansonsten nur noch on demand.
Dann noch der Trockner. Zweites Wäschereck angeschafft. Familie darum gebeten den so wenig wie möglich zu nutzen (Augenrollen). Natürlich Glühbirnen gechecked und teilweise von Halogen auf LED umgestellt. Kleiner Sachen wie Töpfe beim Kochen mit Deckel, Backofen nicht zu sehr vorheizen sind auch klar. Dann noch die Kühlschränke: Erstmal Temperatur gechecked und hochgestellt, 8C reichen auch, unser Weinkühlschrank stellte sich als Klima-Sau heraus und kühlt nun fast gar nicht mehr (schon gar nicht in zwei Zonen, denn die wärmere Zone stellt er mit einer Heizung(!) her). Dann noch der sonstige Verbraucher und Standby-Check. Drucker im Keller ausgeschaltet. Zusatzheizung im Büro runtergeregelt.
Was ich in Summe wichtig finde: Die meiste Verschwendung von Energie beruhte auf Dingen, die einfach auf maximalen Komfort eingestellt waren. Entweder von mir/uns, oder vom Hersteller oder von den Handwerkern. Das war einfach das Mantra der letzten Jahrzehnte – uns soll es gut gehen, Energie spielt dabei praktisch keine Rolle. Die Komfort-Einbußen durch meine Maßnahmen sind aber echt minimal, habe zwar so zuhause Warmhalte-Pullis z.B. für die Kids gekauft und zwei Wolldecken fürs Sofa, aber so richtig gefroren hat hier niemand. Auch das mit dem Warmwasser ist kaum bemerkbar. Der Kaffee schmeckt noch immer.
Die meisten meiner Parameter sind gut generalisierbar und werden sich so oder so ähnlich an vielen Stellen anfinden, auch in großen Wohngebäuden wo die Verwalter vor allem Ihre Ruhe haben wollen und deswegen die Heizungen auf volle Pulle laufen lassen (dann beschwert sich niemand).
Wenn in dieser kleinen Einschränkung unseres Komforts das Potential für solch enorme Einsparungen liegt, dann haben wir was zu tun. Und dann kann jede/r was bewirken. Entweder im eigenen Haus optimieren oder mit dem Verwalter/Vermieter oder Arbeitgeber sprechen. Vor allem aber ist mir nochmal klargeworden, wie sehr das zerstörerische Verhalten in uns und in allem um uns herum steckt. Das müssen wir ändern.
Comments Off on Wie ich unseren Gasverbrauch um 44% und den Stromverbrauch um 30% reduziert habe – (fast) ohne zu frieren | Uncategorized