Category: Netzpolitik


Braucht die NSA einfach einen Datenschutzbeauftragten?

February 13th, 2014 — 10:40am

Irgendetwas an der Monstrosität der NSA-Geschichte missfällt mir. Vielleicht einfach, weil es direkt in Ohnmacht mündet. Wir sind aber auch anfällig für diese Art von Faulheit in der Analyse und Arbeit an Gegenentwürfen – vermutlich auch ein Grund, warum sich die Kritik immer um die fernste Instanz dreht anstatt genauer beim britischen Dienst GCHQ hinzuschauen oder halt einfach beim BND und Verfassungsschutz. Fuck the NSA, aber sowas von.
Dann hat Sascha Lobo in seinem letzten rp-talk ja zu recht darauf hingewiesen, dass wir unsere Diskursfähigkeit ausbauen müssen wenn wir ernstgenommen werden wollen. Also z.B. die Legitimität von Überwachung und Geheimdiensten diskutieren um eine bessere, kampftauglichere Grenze ziehen zu können und mit mehr Menschen in Dialog zu kommen. Gefällt mir auch nicht, Geheimdienste abschaffen ist so ein viel schöneres Ziel. Aber muss wohl.
Und dann saß ich gestern mit der neu gewählten Präsidentin des Center for Democracy and Technology in Washington zusammen auf einem Podium in Brüssel. Das CDT ist als pragmatischer Think-Tank bekannt und kämpft für den Erhalt eines offenen Internet – einer der Gründer gehört zu den frühen Mitgliedern der EFF. Vor dem Panel stellte sich die CDT-Präsidenten Nuala O’Connor den Fragen des Moderators. O’Connor war Chef-Datenschutzbeauftragte bei amazon, General Electric und Doubleclick, hat aber auch mehrere Jahre in der US-Administration gearbeitet, und zwar im Homeland Ministerium. Auf die (natürlich süffisant gemeinte) Frage, was sie aus dieser speziellen Erfahrung auf die aktuelle NSA-Affäre ableiten könne, sagte sie sinngemäss: Der Unterschied zwischen Homeland und der NSA bestehe darin, dass die NSA nie eine Datenschutz-Policy festgelegt und befolgt hätte. Bei Homeland Security, wo nach 09/11 aus diversen Behörden Leute zusammengezogen wurden um ähnliche Anschläge in Zukunft zu vermeiden sei dies anders gewesen. Ihr Chef habe damals (und bis heute) immer gesagt – ‚wir kämpfen für die Freiheit der Bürger dieses Landes – und ein Eingriff in deren bürgerliche Freiheiten wiegt am Ende ähnlich schwer wie ein Angriff eines Terroristen’. Deshalb seien die Arbeitsprinzipien der Behörde grundsätzlich an diesen beiden Polen ausgerichtet worden – konkret über eine tief verankerte Privacy-Policy die dem privacy-by-design Prinzip folgte. Sie halte die NSA-Praxis für illegitim, aber auch ineffizient und schlecht umgesetzt – weil viel mehr überwacht würde als für die gegebenen Ziele technisch nötig wäre. Tatsächlich hat übrigens die NSA zu Jahresbeginn mit Rebecca Richards eine Datenschutz-Beauftragte installiert – die zuvor bei Homeland gearbeitet hat…
Natürlich wäre jetzt nichts leichter als das mit einem hämischen Grinsen wegzuwischen und ich habe schon die entsprechenden Kommentare unten vor Augen.
Ich weiss aber nicht, ob wir uns einen Gefallen tun mit dieser Haltung. Zum einen stammt die Äusserung von der CDT-Präsidentin – also einer scharfen Kritikerin der NSA-Aktivitäten und Chefin des einflussreichsten digitalen Think-Tanks in Washington. Zum anderen aber steckt in ihrer Einschätzung etwas, was man als Demokrat und dem Gebot Sascha Lobos Folgender einfach nicht larmoyant wegwischen kann, nämlich der Glaube, dass selbst soetwas wie NSA letztlich mit Mitteln der Zivilgesellschaft und des demokratischen Staates in den Griff zu bekommen ist (zu bekommen sein muss). Sicherlich ist es unendlich viel schwieriger, zu überlegen wie man über eine harte Datenschutz- und Beaufsichtigungspolitik (parlamentarische Kontrolle) Geheimdienste an die Leine nehmen könnte. Und wie Gesetze (z.B. der Anti-Fisa-Paragraph 42 (!) in der aktuellen EU-Datenschutz-Grundverordnung) gefasst und verschärft werden müssten um in Zukunft Massenüberwachung zu verhindern. Dennoch steckt darin für mich mehr Hoffnungsschimmer auf eine NSA-freie Zukunft als in jeder Abschaffungs- und Anti-USA Debatte. Übrigens auch, weil es sonst schnell in eine faktische eine Anti-Demokratie-Debatte münden kann, z.b. wenn man einfach alles auf den Bürger abwälzt (Verschlüsselung!!). Aber kann es wirklich sein, dass die Massenüberwachung letztlich auf eine schlampige (bzw. nicht vorhandenen) Privacy-Policy zurückzuführen ist?

So, und jetzt schüttet bitte Eure Häme-Kübel unten aus.

1 comment » | Netzpolitik, Politik

Ganz einfache These warum NSA für viele kein Skandal ist

September 29th, 2013 — 10:23am

Ich gehöre ja auch zu denen, die es fassungslos macht wie wenig Prism/Tempora & Co als Skandal wahrgenommen werden, in der öffentlichen Debatte, im Wahlkampf, aber auch in ganz normalen Diskussionen unter Freunden. Relativ schnell kann man dabei zu sehr grundlegenden Zweifeln über die Qualität unserer Demokratie oder die dumpfe Trägheit der Massen kommen etc. Und ständig murmelt man vor sich hin “es kann doch nicht sein, dass Eure gesamte Kommunikation, jeder Aspekt Eures Lebens überwacht werden und es euch scheissegal ist!!” und “warum habt ihr Euch über die Stasi so aufgeregt und jetzt nicht?” usw.

Irgendwann wurde mir klar, dass es vielleicht an einem ganz banalen Fakt liegt den “wir” gerne ausblenden oder überhaupt nur schwer wahrnehmen: Das Internet ist für die allermeisten Menschen in Deutschland eben nicht ihr Leben, es ist noch nichtmal ein wichtiger Bestandteil davon, sondern sie nutzen es bestenfalls um Bestellbestätigungen von amazon zu lesen und ab und zu irgendwelchen Plunder auf ebay zu versteigern. Das zeigen übrigens auch Internet-Nutzungs-Studien wie z.B. der Nonliner-Atlas von der Initiative D21 der zwar 76% der Deutschen als Online ausweist, wo in der Detailanalyse aber klar wird, dass man online ist wenn man mindestens einmal pro Woche seine emails checkt. Twitter hat 2.5 Mio Nutzer, wovon etwa 20% aktiv sind, also auch regelmässig tweets schreiben. Macht eine halbe Million. Klar, Facebook ca. 25 Millionen User in Deutschland, aber das ist vielleicht nochmal ein anderes Phänomen.
Jedenfalls leiden wir (also “Netzgemeinde”) definitiv unter einem Tunnelblick wenn wir von unserer Wahrnehmung des Internets auf die Restbevölkerung schliessen. Für die ist es ungefähr so dramatisch wie “Einkauf Aktuell wurde von Schadcode infiziert”.
Gegenprobe: Stellen wir uns vor die NSA hätte es hinbekommen in allen deutschen Haushalten, Bürogebäuden und in den Autos Mikrofone zu installieren und würde alles effizient mitschneiden. Ich glaube – nein ich hoffe natürlich dass wir dann wirklich einen Skandal hätten der in der breiten Bevölkerung auch als solcher wahrgenommen würde. Konnte man ja auch schön sehen, dass die NSA-Praktiken dann auf die politische Agenda kamen als ein paar Mikrofone in Büros in Brüssel gefunden wurden…
Das Interessante an der Gegenprobe ist übrigens auch mal sich die Konsequenzen auszumalen. Also wenn ich morgen einen Termin bei einem Kunden mache und dort unter dem Konferenztisch eine Wanze anbringe, oder bei einem Besuch im Bundestag, oder eben am Auto von irgendwem. Das würde nicht nur mehr aufregen sondern ich hätte nach Aufdeckung sicherlich schnell Polizei und Staatsanwaltschaft am Hals. Keiner würde sagen “och, da können wir doch nichts tun, die Wanze wurde ja nicht in Deutschland hergestellt”. Oder “da müssen wir erstmal unsere Bündnispartner konsultieren”. Das wäre ein Hardcore-Verstoss gegen diverse Gesetze und würde auch so geahndet.
Wenn das halbwegs stimmt so und die Digitalisierung weiter voranschreitet ist die NSA-Sache und die ausbleibende Empörung anders zu bewerten, nämlich als _noch_ ausbleibende Empörung. Sobald die Anzahl der Leute, die sagen würden das Internet sei integraler Bestandteil ihres Lebens eine signifikante Grösse erreicht, also z.B. in 5 Jahren würde die Lage vermutlich anders interpretiert. Nur dass es dann vielleicht einfach zu spät ist.

Comments Off on Ganz einfache These warum NSA für viele kein Skandal ist | Netzpolitik

Warum ich am 22.9. SPD wählen werde

September 6th, 2013 — 8:25am

Muss ja auch noch erläutern, warum ich am 22.9. SPD wählen werde. Eigentlich hatte ich folgendes vor: Leicht lässig mit Statement, dass ich am 22.9. SPD wählen werde und das ja noch darlegen muss starten. Dann Angst schildern, dass ich meine Stimme mal wieder einer Partei gebe, die danach mehr Unheil anstiftet als Gutes macht, also z.B. im Bereich der Netzpolitik. Dann schildern warum alles nicht so einfach ist und es immer noch die bessere Wahl ist. Auch und vor allem wegen der Grundwerte, für die diese Partei seit so langer Zeit steht – übrigens nicht nur, weil ihr nix besseres einfällt, sondern weil die meisten Mitglieder das wirklich irgendwie im Herzen tragen, selbst die mit Privatversicherung. Dann noch was einfügen über das Ringen, das ich so authentisch und gut, zugleich aber schwer und nicht leicht zu verkaufen finde (fragt mal @jensbest). Also das Ringen mit Sozialreformen und den Fehlern bei Hartz-IV. Mit der Rente. Mit Kriegseinsätzen. Mit fucking Sicherheitsgesetzen und dem generellen Schily-Desaster. Mit sich. Aber eben ein Ringen, das mir irgendwie am Ende Respekt abnötigt, wo ich das Gefühl habe, das hat etwas mit aufrichtigem Bemühen um die Wirklichkeit und deren Gestaltung zum Besseren zu tun. Und weil es ein Ringen um die ganze Gesellschaft ist, also auch um die ohne iPhone. Natürlich zwischendrin unbedingt Bemerkungen über @pausanias einfügen als ultimativen Beweis, dass die Diskussion eh nicht zielführend ist weil das einfach gewählt werden muss. Vielleicht noch mehr aufzählen für bis dato immer noch Unentschlossene, @baranek z.B. (dem ich sofort die Alleinherrschaft anvertrauen würde), natürlich Richel, Lumma, Tessa, Valentina, @miinaa, @horax, @ReichelS und von der Schickeria Böhning, Klingbeil ach, die Liste könnte noch so viel länger werden.

Aber dann kam es ja ganz anders. Und zwar so:

Dieses Foto ist bei der konstituierenden Sitzung des Landesrates für Digitale Entwicklung und Kultur entstanden, den die Ministerpräsidentin Malu Dreyer einberufen hat und der von Valentina Kerst geleitet wird (und der übrigens zu mehr als 50% aus Frauen besteht, zumindest bei der Sitzung). Zwar keine SPD-Veranstaltung, aber irgendwie dann doch. Auf jeden Fall eine total nette, kompetente Gruppe von Leuten die mit dem Netz Partizipation und Mitbestimmung, neue Zugangsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung, sozialere Arbeitsbedingungen und weitere positive Sachen verbinden. Und die etwa 50% der Zeit aus tiefer Sorge und Empörung getragen #prism und die Konsequenzen diskutiert haben. Einberufen von einer Ministerpräsidentin, der die Herzen zufliegen weil sie es ernst meint mit der Politik, zuhören kann und allen Promi-Popanz weglässt für die Sache.

Warum das alles geändert hat? Ich habe mir das Bild angesehen und dachte: Ich will einfach, dass dieses Land von solchen Menschen regiert wird.

5 comments » | Netzpolitik, Politik, Wahljahr

Iron Rilke

July 2nd, 2013 — 4:05am

Diese Ironblogger-Sache macht mich wahnsinnig – meine Frau wollte mich schon abmelden weil sie unseren finanziellen Ruin fürchtete. Auf der anderen Seite habe ich mich vor allem wegen des Stammtisches angemeldet, insoweit ja alles on track…
Jetzt sitze ich hier, schlaflos weil mal wieder beide Kinder schlechte Träume hatten und der Tag bricht an. Mir ist nach Rilke zumute ein wenig, aber dafür reicht es auch nicht gerade. Aber diese Stille am morgen, der schon helle Tag doch noch ohne Leute. Als würden alle grad verschlafen, also bis auf die paar Nerv-Vögel dort in den Bäumen. Noch ein Grund warum es nicht für Rilke reicht ist Prism. Wie mich das wahnsinnig macht. Weniger das Abhörprogramm an sich, vor allem aber die Reaktionen der meisten Politiker. Ich kann es einfach nicht glauben, dass die meisten den fundamentalen Verstoss gegen Grundprinzipien einer freiheitlichen Demokratie und Zivilgesellschaft nicht sehen, das macht mich echt sprachlos.
Überwachung ist schlimm und perfide, denn sie tötet den Geist schon allein durch ihre schiere Existenz. Man muss nicht “das Leben der anderen” gesehen oder Verwandte in der DDR gehabt haben um das zu Wissen, aber vermutlich hilft es. Und man muss nicht Brazil gesehen haben, um zu wissen wie sehr sie sich gegen uns wenden kann (man muss wohl eher sagen “wird”), zu jeder Zeit, in jeder nur erdenklichen verdrehten Weise. Denn Snowden hat das selbst so klar formuliert
wie man es selten hört (ab 7:12):

Es gibt wenige Dinge, die für mich so sehr zum Kern von dem vordringen, was ich unter Politik verstehe, wie dies. Dass wir einen Rahmen schaffen, der Meinungsfreiheit ermöglicht und absichert. Und dass wir uns verdammt nochmal empören bis aufs Blut wenn das mit Füssen getreten wird.

Comments Off on Iron Rilke | Netzpolitik, Politik

Ein paar Gedanken zu Lobbyplag

February 20th, 2013 — 10:54am

Mit ziemlicher Aufregung wurde vor einigen Tagen die Plattform Lobbyplag an die Öffentlichkeit gebracht und legte gleich mal offen, dass in der aktuellen Diskussion um die neue Datenschutz-Grundverordnung der EU teilweise von Lobbyisten-Papieren abgeschrieben wurde. Nach ein paar Tagen kam ein Update und es wurde auch dargelegt, dass ebenso von Verbraucherschutz-Organisationen abgeschrieben wurde.
Jetzt ist natürlich leicht, abgebrüht zu sagen, oh, surprise! Und tatsächlich steckt in der Aufregung ein bisschen Naivität drin. Aber nur ein bisschen – denn wie der Lobbyismus Gesetzgebung beeinflusst sollte permanent kritische Aufmerksamkeit bekommen. Sagt der Lobbyist. Continue reading »

5 comments » | Netzpolitik

D64 und die Sache mit dem Lobbyismus

December 11th, 2011 — 2:04pm

Ich bin ja auch bei D64. Und ich kann natürlich von Glück reden, dass ich im Schatten der anderen Gründungsmitglieder stehe, die bei Facebook und Google arbeiten.
Wir haben uns die Lobbyismus-Vorwürfe, die in den letzten Tagen durchs Netz und so manchen Kommentar geisterten, sehr zu Herzen genommen. Nicht, dass sie überrascht hätten, nein. Der Grund ist eher, dass wir die Sache mit D64 ernst meinen mit den dort formulierten Anliegen, also Internet-Politik(-Befruchtung) zu betreiben, weil wir glauben, dass es wichtig ist, und das Internet diese Aufmerksamkeit als evolutionäre gesellschaftliche Kraft verdient.
Und da tun solche Vorwürfe natürlich ein bisschen weh, weil sie Unaufrichtigkeit und doppelten Boden unterstellen.
Natürlich muss man sich nicht wundern bei der Zusammenstellung der Gründungsmitglieder, ja. Allerdings gilt das auch nur, wenn man nur extrem oberflächlich hinschaut. Ja, da sind Sprecher von Google und Facebook dabei. Aber auch viele andere Menschen die irgendwie anders im Netz bekannt sind, oder? Also @happyschnitzel und @frauenfuss zum Beispiel. Oder @piaziefle. Oder @oetting. Oder @horax. Oder @fraeulein_tessa. Die Liste liesse sich noch erheblich verlängern.
Glaubt Ihr wirklich, diese Gruppe hätte sich blauäugig vor einen Lobby-Karren spannen lassen?
Und die Sache mit der SPD – ja, der Verein ist SPD-nah aufgestellt. Wurde nie ein Geheimnis draus gemacht, wird sogar als Feature gesehen. Aber es ist kein SPD-Verein. Auch das liesse sich wieder mit einer Liste von Gründungsmitgliedern und einer ähnlichen Frage wie oben kontern. Oder einfach, indem man die erste grosse Position von D64 liest, nämlich die gegen VDS. Irgendwie leider grad keine SPD-Position, oder?
Wäre es nicht angemessen, ein bisschen differenzierter zu sein bei alldem?
Ich weiss, klingt total naiv, Internet, Shitstorm und Trolldings und so. Und überhaupt, was denken wir eigentlich. Ja ja. Ich wollt’s ja nur anmerken.
Natürlich werden wir vor allem in der Sache punkten und letztlich durch gute Positionen beweisen müssen, dass wir es ernst meinen mit unserem Programm. Und dass wir nicht ein U-Boot diverser Firmen sind. Aber eben auch nicht deren Gegner aus Prinzip.

Aber jetzt trotzdem nochmal zu dem Kern-Vorwurf in eigener Sache – weil es mir wichtig ist, und vielleicht an einem Beispiel mal deutlich macht, wie einfach es vielleicht ist (oder auch nicht).

Ich bin Gründungsmitglied von D64 und ausserdem CEO von nugg.ad, einem Unternehmen, das sein Geld zu 100% mit Targeting verdient, also Tracking, Cookies, Werbung und so. Da sagt man sich, aha aha, noch so einer, right?
Und tatsächlich – ich bin ein leidenschaftlicher Internet-Apologet und liebe Algorithmen und auch Tracking. Aber auch die Herausforderungen für den Dantenschutz und die Chancen des souveränen Users die darin liegen.
Mein Unternehmen funktioniert besser, wenn mehr Leute das Internet nutzen und wir kämpfen an verschiedenen Stellen für eine Umsetzung von Datenschutz-Richtlinien (insbs. in Bezug auf Cookies) mit Augenmass.

ABER: Bei D64 bin ich wirklich privat. Lässt sich ganz einfach dadurch beweisen, dass mein Aufsichtsrat mir diese Nebentätigkeit nicht genehmigt hat und ich diese auch dort nicht vorgelegt habe. Und dass es keine “Berichtslinie” irgendwo in mein Unternehmen gibt, nicht mal in Ansätzen. Ich bin übrigens noch in einem anderen Verband tätig, nämlich als Chairman des Policy-Committee im IAB-Europe, dem europäischen Dachverband der Digitalbranche. Diese Tätigkeit wurde genehmigt, die Zeit, die ich dort verbringe ist Arbeitszeit, und es gibt eine Berichtslinie in mein Unternehmen. Das ist ein relativ klarer Unterschied, oder?
Ich bin mir übrigens auch jetzt schon sicher, dass D64 Positionen vertreten wird, die ich für mein Unternehmen so nicht vertreten würde und schon gar nicht für die europäische Industrie.
Natürlich werde ich – wie es @heiko in einem Blogpost bei D64 kürzlich so schön dargestellt hat – für meine Positionen kämpfen. Und da ich D64 und nugg.ad mit der gleichen Leidenschaft und gleichen Grund-Überzeugungen betreibe, wird es da inhaltliche Überschneidungen geben, alles andere wäre irgendwie schizophren.

Ich persönlich zähle mich übrigens ursprünglich zu den grössten Hassern des Lobbyismus – weil er natürlich demokratische Strukturen zu unterlaufen droht. Ich habe aber auch gelernt, dass es alles nicht so einfach ist. Dass Politik Lobbyismus braucht und danach fragt. Und meist gut damit umgehen kann. Und dass man in diesem Feld viel erklären und es eben auch positiv nutzen kann. Natürlich wäre mir lieber, wenn wir einen politischen Apparat und eine Administration hätten, die – voll demokratisch legitimiert – alle Fragen des Internets fachkundig und mit Weitsicht regeln könnten. Und zwar in Brüssel und in Berlin (ein typischer EU-Abgeordneter hat ca. 2 fachl. Mitarbeiter). Ist aber nicht so, und zumindest für meine Branche kann ich sagen, dass es auch nie so sein wird. Weil die Materie zu komplex ist und die Unternehmen sowie die Technologie sich viel zu schnell entwickeln. Deshalb brauchen wir auch verantwortliche Unternehmer und gute, um Transparenz und Argumente bemühte Lobbyisten.

Aber wie gesagt – bei D64 bin ich nicht als solcher. Aber ich sehe derzeit eine Stärke dieses Vereins gerade darin, dass er nicht wie eine NGO daherkommt sondern den Mut hat involvierte Unternehmer und Leute die in vielen Kontexten aktiv sind anzuziehen. Das kann eine echte Stärke gegenüber Piraten, digiges und anderen eher wirtschaftsfernen Verbänden und Initiativen sein. Dennoch werden wir uns natürlich daran messen lassen müssen, wie klar wir diese Postionierung mit Transparenz, guten Positionen und Unabhängigkeit umgesetzt bekommen.

Achso und Ihr, D64-Interessierte da draussen – denn vieles der Kritik ist ja auch irgendwie Auseinandersetzung und Interesse, right? Der Verein ist wirklich offen, ich weiss nicht ob Euch das aufgefallen ist. Satzung war von Anfang an online, ebenso Mitgliedsformular (das nicht funktioniert hat, ja, ich weiss. Deshalb durften wir die ersten 100 per mail eingegangenen Mitgliedsanträge auch per Hand abtippen…) Wir haben schon jetzt über 100 Beitrittserklärungen (gut, 80 davon entsendet Facebook…) und es wird ein Beirat zu besetzen sein und es gibt eine Quotenregelung usw. – man kann sich da wirklich substantiell einbringen, sogar ohne in Berlin zu wohnen (Internet und so). Also. Denkt mal nach.

15 comments » | Netzpolitik

Was ich von der – meiner – SPD erwarte

March 17th, 2011 — 12:26pm

Jetzt bin ich also Genosse. Wie ich an anderer Stelle dargelegt habe, hatte das einen speziellen Entstehungszusammenhang, allerdings gibt es tiefere Gründe und die Entscheidung war natürlich schon länger gereift. Hatte konkret die Mitglied-werden Seite schon mehrmals aufgerufen, über die letzten Monate und auch schon mindestens einmal ausgefüllt…
Es ist natürlich unfassbar uncool, in einer Partei Mitglied zu werden. Keine Ahnung wieso genau und ob das früher anders war. Aber mein Eindruck ist definitiv so. Abgesehen davon, dass es einfach nicht dem Geist der Zeit entspricht, schon gar nicht hier in Berlin Prenzlauer Berg, habe ich den Eindruck, dass die Leute einem einen sofortigen Verlust von Urteilsvermögen und eigener unabhängiger Meinung unterstellen, sobald man sich dazu bekennt.
Continue reading »

12 comments » | Netzpolitik, Politik

SPD ist jetzt Kölschpartei

March 16th, 2011 — 9:23am

Jetzt bin ich also SPD-Mitglied geworden, bin noch etwas verkatert von der Aktion gestern – freue mich aber erstmal so nett aufgenommen worden zu sein!

Wie es dazu gekommen ist, kann man auf twitter nachlesen – ich wollte im wesentlichen die Genossen Richel und Boehning davon abhalten, in einer kölschen Kneipe durch den Genuss inadäquater Substanzen aufzufallen (angeblich war alkoholfreies Weizen, Milchkaffee und irgendein Pils im Spiel). Daraufhin formulierten wir einen deal, der auf “Kölsch für Mitgliedschaft” hinauslief…
Continue reading »

Comments Off on SPD ist jetzt Kölschpartei | Netzpolitik, Politik, twitter

Warum es eben doch (auch) eine twitter-Revolution war

February 11th, 2011 — 10:01pm

Seien wir doch ehrlich – es ist auch unsere Revolution heute in Ägypten. Nicht, weil wir uns eingemischt hätten, oder unsere Politiker zu irgendwas bewegt hätten, mitnichten. Nein, ich denke es ist irgendwie auch unsere Revolution, weil sie mit twitter und Facebook funktioniert hat, und befeuert wurde. Klar wird das viel relativiert, und wahrscheinlich stimmt es auch nur hier und da. Aber wir glauben doch daran. Dass wirklich etwas Neues entsteht, eine neue Art sich zu vernetzen, zu organisieren und Begeisterung für etwas auszulösen. Es kann sogar Millionen Menschen auf die Strasse bringen für eine Sache, selbst unter Gefährdung Ihres Lebens. Und bei allem Leugnen und Relativieren – wir wissen doch tief in uns drin, dass twitter und Facebook eine zentrale Rolle gespielt haben. Sicherlich praktisch bei der ersten Mobilisierung, der Verbreitung der fürchterlichen Nachrichten von Selbstverbrennungen und der Ermordung eines Bloggers, der von Sicherheitskräften aus dem Internet-Cafe gezerrt und totgeschlagen wurde. Wahrscheinlich haben die Leute aber auch telefoniert und miteinander gesprochen, klar. Und die klassische Berichterstattung – insbs. über Aljazeera – hat sicherlich auch eine grosse Rolle gespielt, auch klar. Aber wir wissen, dass es eben doch auch und vielleicht vor allem eine twitter und Facebook-Revolution war. Weil wir es in uns selbst spüren, welch fundamentalen Wandel diese tools auslösen. Nicht nur, dass wir keine Zeitung mehr lesen und statt tatort, tatort+timeline kucken und es tausendmal amüsanter finden als je zuvor. Nein, vor allem die sozialen Funktionen von twitter und co sind unfassbar stark. Man vernetzt sich mehr, kriegt mehr voneinander mit. Vor allem aber findet man viel effizienter und spielerischer Gleichgesinnte und bleibt mit diesen in Kontakt. Ich meine – was mussten wir früher im Studium zum Beispiel für einen Aufwand dafür treiben, um gute Leute kennenzulernen? Abend für Abend in dämlichen Kneipen rumhängen, trinken, rauchen und jedes 10te mal war mal ein kurzer spannender Gesprächsfetzen mit irgendjemandem dabei. Dann hat man sich auch wieder aus den Augen verloren. Oder zum Unisport gehen, ganz schlimm. Zu den Medizinerparties. Beim Asta mitmachen oder in der Fachschaft. Da hing man dann und verpflichtete sich für monatelange Selbstverwaltungs-Sinnlosigkeit, nur um auf diesem Wege mit höherer Wahrscheinlichkeit ein paar auch Engagierte zu treffen, und mit denen etwas zu bewegen. Manchmal musste nur einer hinzukommen, und alles war schon wieder im Eimer. Also wieder in die Kneipen. Und so weiter.

Und dann in Kontakt bleiben. Ortswechsel. Telefonieren, gelegentlich sehen. Insbs. bei uns Typen heisst das doch in 99% der Fälle aus den Augen verlieren. Und selbst wenn man ein bisschen in Kontakt bleibt, heisst es einmal im Halbjahr sprechen, Klassentreffen usw. – erbärmlich. Getoppt wird es nur noch von dem, was passiert, wenn man dann in Arbeitsleben eintaucht oder gar Kinder bekommt. Sozialer Stillstand. Die Leute, die man dann noch kennenlernen kann, kommen meist aus extrem gefilterten sozialen Situationen, also Arbeitsplatz und Kita. Da kann man auch Glück haben, aber die Wahrscheinlichkeit dann noch jemand zu finden der politisch denkt wie einer, der einen ähnlichen Humor und Geschmack hat und vielleicht auch Adorno toll findet ist einfach mechanisch schonmal fast gleich null.

Und jetzt kommt twitter (und ein bisschen Facebook, ich finde aber twitter den mit Abstand besseren Service für das hier). Ich weiss, dass es vielen so geht, deshalb traue ich mich einfach mal das zu unterstellen. Twitter ist eine kleine soziale Revolution, selbst ohne Diktatur und mit dem Biobäcker um die Ecke. Spielend leicht Leute kennenlernen (selbst für absolute Telefon- und Smalltalkmuffel wie mich). Abchecken ob die interessant sein könnten, einmal Timeline kucken, followen, paar Tage beobachten und vielleicht mal ein Reply. Die Kennenlerntiefe, die man damit erzielen kann ist über normale Wege – also z.B. Kennenlernen auf einer Party oder im Fussballverein – manchmal nach Monaten oder gar Jahren erst erreichbar. Einfach weil man viel mühevoller etwas preisgibt von sich und vielleicht Jahre neben jemandem herarbeitet der eigentlich ein grossartiger Typ ist – allein man hat es nie gemerkt. Es gibt wirklich zahllose Stories auf twitter, wo Leute andere kennengelernt haben und begeistert darüber waren (wechselseitig und auch nach Treffen in RL). Wir selbst sind z.B. in unserem Heimatort Köln mal ein Päarchen besuchen gefahren die wir nur über twitter kannten, noch nicht mal unter Realnamen. Wir wussten einfach nur die Adresse. Sind hingefahren und es war ein wunderschöner, spannender Nachmittag. War ja auch klar. Wir kannten uns schon. Wussten, dass wir uns lustig und interessant finden, ähnliche Einstellungen haben usw. – das ist verdammt nochmal auch eine Revolution!

Aber zurück zu Agypten. Darum glauben wir, dass es eine twitter- und Facbeook-Revolution ist. Weil wir wissen, dass da eine Generation von komplett anders vernetzten und aktivierbaren Menschen heranwächst. Und weil es irgendwie allen langsam dämmert, dass das ein unglaubliches politisches Potential entfalten kann.

Als die Mubarak-Schergen über den Tahir-Platz eingefallen sind und auf twitter die Meldungen einprasselten von Schüssen, Molotow-Cocktails die in die Menge geworfen wurden und den ersten Toten war ich wie Ihr alle auch verzweifelt und unfassbar wütend. Wütend natürlich auf die Wichser dort, aber auch auf die westlichen Regierungen, die es versäumt hatten die Demokratie-Bewegung frühzeitig durch klare Statements und Diplomatie zu stützen. Ich musste kurz unter die Dusche, mich hielt es dort aber kaum, dann ging ich raus, trocknete mich kurz ab und nahm das iPhone um einen tweet an Obama zu schreiben. Keine Sorge – ich glaube jetzt nicht da was bewirkt zu haben mit meinem tweetchen. Aber eine Sache war trotzdem bemerkenswert. Ich hatte das Gefühl mich irgendwie einklinken zu können, bis hin zum pot. Gelesenwerden irgendeines Social Media Beraters der Obama-Administration. Gelesenwerden der Leute in Ägypten, die durch die tausenden anderen, die ähnliches taten wie ich merkten, dass wir bei ihnen waren, mitgefiebert haben, uns empört haben. Das war faszinierend und plötzlich ein Gefühl, dass ich viele Jahre nicht mehr kannte – im Prinzip seit den Demonstrationen gegen Wackersdorf.

Also wenn Ihr mich fragt – es ist auch eine verdammt geile InternetFacebooktwitter-Revolution die wir da sehen. Und das ist deswegen so geil, weil es so viel Potential hat überzugreifen und nicht mehr wegzugehen. Und das macht mich heute auch glücklich.

7 comments » | Netzpolitik, Politik, twitter

Das Samsung Galaxy ist toll. Android ist toll.

November 29th, 2010 — 10:57pm

Ich hatte relativ lange ein iPhone 3G und fand es ziemlich gut – na ja, nach einigen Anfangsschmerzen zugegebenermassen.

Dann bin ich vor einigen Wochen auf das Samsung Galaxy umgestiegen – eine bewusste Entscheidung gegen das iPhone IV. Obwohl ich wusste, dass es ein grossartiges Teil werden würde. Und mich darin heute jedesmal bestätigt sehe, wenn irgendwer eines auf den Tisch legt (was ja ständig passiert. Wann hat zuletzt jemand ein Nokia auf den Tisch gelegt?).

Aber zurück zum Samsung Galaxy S und Android. Mir war völlig klar, dass das kein gutes Telephon sein würde – die Frage war im Prinzip nur wie unerträglich die Usability und wie billig die Hardware sein würde und ob man es doch irgendwie würde ertragen können.

Nun. Die Hardware ist…billig ist nicht ganz richtig. Klar, Gehäuse aus Plastik aber das kann man mögen. Ist leichter und dünner als das iPhone. Ebenfalls exzellentes Display mit hoher Auflösung. Wechselbarer Akku, SD-Slot.

Continue reading »

9 comments » | Netzpolitik, Produkte und Konsum

Back to top