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Hacking the House

December 8th, 2013 — 5:47pm

“My energy bill is 700Million euros, and its growing 10% every year.” Zitat eines Vorstands einer grossen Mobilfunkgesellschaft vor ein paar Tagen. Ich glaube Energie wird eines der spannendsten Themen für die nächsten 20 Jahre – also wenn es um Innovationen, Startups und einschneidende Änderungen unseres Alltagslebens geht. Und natürlich um Wirtschafts- und Standortfaktoren sowie Umweltschutz. Wir werden hoffentlich kein Fracking machen in Deutschland aber vielleicht als erstes grosses Land die Energiewende schaffen.
Wie auch immer – ich wollte mich auch persönlich damit beschäftigen. Und was liegt da näher als das fancy Thema Home-Automation? Ein Thema, mit dem man jeden Flirt lässig für sich entscheiden kann?
Eigentlich fing es aber anders an – ich wollte nämlich irgendwas mit Raspberry machen (bevor es an die Drohne geht). Und da bot sich Home-Automation an.
Also: habe mich für Home-Matic entschieden, es stehen nämlich eine ganze Reihe von Systemen zur Verfügung, die es häufig bei Elektronik-Versendern gibt, aber auch bei RWE oder Spezialherstellern. Home-Matic ist noch ganz gut bezahlbar, hat viele Zubehörteile und verfügt über einen Rückkanal der einem wissen lässt ob ein Schaltkommando angekommen ist.
Wenn man sich mal bei Conrad oder ELV o.ä. die Geräte dafür ansieht wird man schnell auf eigene Einsatz-Szenarien kommen.
Gesteuert wird das ganze bei mir mit einem Raspberry-PI, der über den USB-Port einen Dongle betreibt (kann den von busware.de empfehlen) welcher über das 886 MHZ Band kleine Funktelegramme an die Home-Matic Aktoren senden kann. Als Software dient das in Perl geschrieben Open-Source Projekt FHEM das eine breite Community-Unterstützung hat und ziemlich ausgereift wirkt. Man kann das Ganze übrigens alternativ auch direkt über die Fritz-Box betreiben – es gibt eine Beta-Firmware mit integriertem FHEM-Server.

Es gibt auch – relativ frisch – sehr einfach zu installierende Thermostaten für den Heizkörper, die sich per Funk steuern lassen. Sind wirklich mit wenigen Handgriffen zu montieren (ersetzen die manuellen Regler) und in wenigen Minuten ans System angebunden. Damit kann man dann also (auch in einer Mietwohnung) schonmal die Heizung smart steuern, wahlweise z.B. nach festen Zeiten und Szenarien oder auch mit einer intelligenten Anwesenheitserkennung (z.B. über einen Befehl in der Fritz-Box der ermittelt ob Geräte im Netz angemeldet sind).
Energiesparprinzip ist hier: Heizen nur wenn Heizen gebraucht wird (dann aber richtig, so konnte ich auch meine Familie für das Projekt gewinnen…).
Ein Home-Matic Stecker schaltet morgens die Kaffee-Maschine ein, die Rollos öffnen sich von selbst und alle Heizungen werden kurz maximal hochgefahren. Die elektr. Fussbodenheizung im Bad wird genau so aktiviert, dass der Boden angenehm warm ist wenn sich alle aus den Betten gequält haben, danach wird sie sofort wieder ausgeschaltet (der alte Regler hat das immer nur so halb hinbekommen und häufig unnötig eingeschaltet).
Zusätzlich (ok, das werden jetzt nicht mehr alle mitmachen) überwache ich den Hasenstall mit einem Temparatur-Sensor und kann ein Terrarium-Heizkissen automatisch aktivieren wenn es zu kalt wird.
Im System gibt es auch zahlreiche Aktoren die sich anstelle bestehender Schalter einsetzen lassen, sogar inkl. Adapter-Set für die gängigsten Schaltersysteme so dass “von aussen” gar nicht erkennbar ist, dass der gleiche Schalter jetzt auch per Funk schaltbar ist. Und es gibt eine ganze Reihe von Freak-Anwendungen, z.B. soll es möglich sein den Strom-/Gaszähler über einen sog. Reed-Kontakt ins System zu integrieren – diesen Magnet-Kontakt holen Bastler aus einem Fenster-Sensor heraus und montieren ihn an einer bestimmten Stelle am Gaszähler die einen magnetischen Impuls aussendet wenn er schaltet…
Über die Steuer-Software sind alle möglichen Szenarien abbildbar, zeitgesteuerte Funktionen, Gruppenbildung, schalten in Abhängigkeit von anderen Ereignissen usw. – und natürlich lässt das Ganze sich mit Hilfe von Dyndns o.ä. natürlich auch aus der Ferne schalten und administrieren. Nie mehr nach dem Urlaub in ein kaltes Haus zurückkehren oder in ein sinnlos zwischenzeitlich geheiztes. Und für EinbrauchsparanoikerInnen lassen sich schöne Anwesenheitssimulationen programmieren versteht sich…
Ach ja – irgendjemand hat sich dann kürzlich in meinen Twitter-Account gehacked und dort behauptet ich hätte das ganze Projekt überhaupt nur deshalb gestartet, Frechheit.

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A difference that makes no difference

December 3rd, 2013 — 10:44pm

Auf einen zufällig von @antjeschrupp aufgeschnappten tweet hatte ich mich zur Antrittsvorlesung von Angela Davis auf die Angela Davis-Gastprofessur des Frankfurter Lehrstuhls für Gender und Diversity Studies angemeldet (kein Witz, sie ist die erste Gastprofessorin des nach ihr benannten Lehrstuhls).
Da sass ich nun in diesem Hörsaal und hatte eine Legende der schwarzen Protestbewegung, Marcuse-Schülerin und gefeierte Theoretikerin vor mir, die schon ohne ein Wort zu sagen mit standing Ovations begrüsst wurde.
Und dann sprach sie. Über den Begriff des Feminismus und warum bereits in der Definition unterschiedliche Ausgrenzungen vorgenommen werden – weshalb sie sich nie als Feministin bezeichnet hat. Über kritische Theorie und warum eine Forderung der Abschaffung von Gefängnissen weit über die Abschaffung von Gefängnissen hinausgehen muss – nämlich hin auf eine Revolution der Gesellschaft die in ihrer inneren Logik sonst Gefängnisse braucht, also eine Revolution der Erziehungseinrichtungen, der öffentlichen Orte, der Arbeitsorte usw. Sie erzählte davon wie Schule in den USA in den letzten Jahren häufig schon mehr Ähnlichkeit mit Gefängnissen hat als mit Orten des Lernens (nämlich Disziplin und Testen). Und davon wie die Gefängnisprinzipien der Gesellschaft sich reproduzieren in emotionalen Reaktionsmustern und in die „privaten“ Beziehungen hinein, so daß immer noch gilt das private sei politisch – und umgekehrt. Alles faszinierend, tief und authentisch, auch unterlegt durch ihre jahrzentelange Aktivisten-Zeit und die Tatsache, dass sie mehrfach im Gefängnis saß und eine zeitlang auf der FBI-Liste der 10 meistgesuchten Terroristen stand. Aber es fehlt mir ausreichend Kenntnis (abgesehen von meinen eingestaubten, aber total beglückt auflebenden Frankfurter-Schule Texten im Hinterkopf und natürlich meinen Schul- und sonstigen Erziehungsfights mit meinen Töchtern immer wieder…) um wirklich inhaltlich angemessen darzustellen wovon sie genau sprach – ich hatte aber wohl den Eindruck, dass es grossartig war weil revolutionär, das ganz andere denkend, selbstreflexiv, kritisch…
Das alleine war schon hart für mich – sass ich doch da als einer, der seine Lebensenergie den Weiterentwicklung von Werbetechnologie verschrieben hatte obwohl ich gefühlt auch bei Marcuse studiert hatte…
Doch dann sprach sie noch kurz davon warum sie eigentlich ablehnt zu „Diversity“ zu sprechen obwohl die Gastprofessur das im Titel führe. Diversity sei nämlich inzwischen ein „corporate“ Begriff. Da habe man eben erkannt, dass die Maschine besser liefe wenn man ein paar Frauen oder Schwarze oder andere bisherige Randgruppen gut sichtbar sozusagen vorne draufschraubte. Und sie verwahrte sich einem Feminismus zugeschrieben zu werden, der vor allem zum Ziel habe mehr Frauen in den Apparat zu bekommen, an wichtige oder sichtbare Positionen usw.
Und mir wurde klar, dass sie Recht hat. Dass das was wir (jetzt rede ich von meiner Firma, die mit der Werbetechnologie…) als gender equality betreiben, z.B. indem wir eine pay-gap Analyse in Auftrag geben oder eben gute Arbeitsbedingungen für Frauen zu schaffen versuchen nicht mehr ist als ein schaler Abklatsch von dem was mit dem revolutionären Begriff des Feminismus gemeint ist. Und vielleicht sogar schlimmer – dass es letztlich eine Domestizierung des Konzeptes ist – nicht nur weil wir die Firma nicht gleich auflösen und das Geld an Bedürftige verteilen (und unsere Kraft auf sinnvolle Dinge verwenden) sondern auch weil wir vielleicht noch nichtmal an die Tiefenstrukturen gehen die gender unequality schaffen und perpetuieren in der Arbeit. Also z.B. Sprechmuster, die Art wie wir arbeiten und vor allem die Art wie wir Autonomie definieren und vermutlich eben auch okkupieren, nämlich als perfekte Autonomie-Simulation mit dem Ziel der maximal feingesteuerten Selbstausbeutung (Home-Office…).
Es tut übrigens nicht weh das zu sagen und ich halte es auch nicht für übertrieben. Ist einfach wichtig sich zu vergegenwärtigen, dass „diversity“ tatsächlich längst ein corporate Konstrukt ist und wir uns nicht weiß machen sollten damit Ziele zu erfüllen, für die Angela Davis 60 Jahre gekämpft hat.
Ich glaube wenn man sich das bewußt macht und das Bewußtsein wach hält kann es ok sein für diversity und gegen den gender pay-gap zu kämpfen, wohl wissend, dass man damit nicht viel erreicht weil die eigentliche Aufgabe eine andere ist. Und übrigens auch wissend, dass man unter Umständen eine Befreiungs-Simulation betreibt die alles nur noch schlimmer macht – „a difference that makes no difference“.

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Daten und Solidarität

November 10th, 2013 — 1:26pm

Vor einigen Jahren saß ich mit @horax in einem stickigen Münchner Büro bei unserem damaligen Arbeitgeber TNS Infratest. Man hatte uns dorthin entsandt, weil wir bekannt waren für ungewöhnliche Datenanalysen und man glaube ich nicht so genau wusste, was man mit uns machen sollte. Idee war aus Gesundheitsdaten Ableitungen für die CRM-Abteilungen diverser Pharmakonzerne zu machen. Was soll man lange drumherumreden. Man kippte uns ein paar Daten auf den Tisch und bat uns zu schauen was man machen könne, die Daten seien leider künstlich beschnitten – um gerade den entscheidenden Teil. Die Daten war eine Datenbank mit Verschreibungsdaten die auf sogenannte „Nanobricks“ gemappt waren – das entpuppte sich als eine Verklumpung mehrerer Arztpraxen, denn aus Datenschutzgründen durften keine solche Daten auf Praxis-Ebene existieren. Die wiederum gab es bruchstückhaft aus anderen Quelle für ein paar Praxen wo sich ein Arzt gegen ein paar Euro dazu überreden liess sie – halbwegs anonymisiert – herauszugeben. Wir kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus, also ich zumindest. Wenige Wochen später hatte ich einen Termin bei einer großen Krankenkasse, wiederum ein Datendialog, ähnliches Ergebnis. Krankenkassen hatten keine Verschreibungsdaten ihrer Versicherten. Mich verwirrte das – wie konnte das sein, dass diese Daten nicht verfügbar waren (die Krankenkasse hatte übrigens durchaus eine Riesen-CRM Datenbank mit Algorithmen und pipapo, nur halt nicht die Verschreibungsdaten…)? Und da gabs noch kein Big-Data und keine Strata-Konferenz und kein Hadoop. Offensichtlich war hier ein starkes Anti-Daten-Regime im Gange, und das selbst in einem Multi-Milliarden-Business wo Pharmakonzerne ganze Heerscharen von Vertrieblern durchs Lande schickten um ihr Zeug an den Mann und die Frau zu bringen.
Natürlich hat das was mit Datenschutz-Aspekten und gesetztlichen Vorschriften zu tun – doch darauf will ich jetzt gar nicht eingehen.
Ich bin nämlich ein Fan der gesetztlichen Krankenversicherung. Und das obwohl ich seit Jahren über der Pflichtversicherungsgrenze liege und schon zigmal irgendeinem Finanz-Heini eine Absage erteilen musste, als er sagte „das erste was wir tun sollten ist sie privat versichern“. Übrigens – nebenbei gesagt: Weil er mir helfen wollte Geld zu sparen – beim Wechsel in die Private spart man gerne mal bis zu 200 EUR monatlich (selbst mit Kindern). Ist wichtig zu sagen weil privat Versicherte gerne den Mythos pflegen sie würden das Gesundheitssystem finanzieren… Warum ich Fan der Gesetzlichen bin ist relativ schnell erklärt, weil dafür ausser einem kaum ein Grund in Frage kommt: sie ist solidarisch. Mit meinem Mehrbeitrag finanziere ich die Gesundheitsleistung von ein paar Geringverdienern, Alleinerziehenden oder sogar Illegalen die mit geliehener Karte zum Arzt gehen. Die Leistung ist schlechter als in der Privaten aber es ist eine immer noch gute Leistung die dafür allen zugänglich gemacht werden kann. Neben dem direkten und leicht erkennbaren sozialen Wert solcher Einrichtungen halte ich derartige Konstrukte für Errungenschaften hoch entwickelter Gesellschaften (siehe USA, bzw. not). Dass man solidarische Systeme schafft in die auch Leute mit schwacher Leistung reinkommen ohne traktiert zu werden, ja Systeme die sogar Missbrauch aushalten und mitfinanzieren.
Aber zurück zu den Daten. Offenbar haben wir nicht nur ein paar gute solidarische Komponenten in unserer Gesellschaft sondern konnten diese auch gut absichern was die Sammlung und den Zugriff auf die Daten anbelangt (wer schon die neue ‚Gesundheitskarte jetzt neu mit Foto’ in der Tasche hat kann sich ja mal vorstellen was das für Illegale bedeutet).
Und ich glaube es gibt da einen wichtigen Zusammenhang, denn was @horax und ich damals (übrigens weitgehend erfolglos) probierten war den Praxisbezug in den anonymisierten Daten wenigstens grob rechnerisch/statistisch wiederherzustellen. Um dem Pharma-Vertriebler ein Werkzeug an die Hand zu geben, dass er sein neues Medikament nur den Praxen zur Verfügung stellt die hohen Absatz in Aussicht stellen können. Und aus heutiger Sicht ist das natürlich bedrohlich wie ein Strauß Gänseblümchen für den Muttertag. Gerade wurde auch in Deutschland der erste KFZ-Versicherungstarif mit GPS-Tracking eingeführt. Ein Gesundheitstarif massgeschneidert nach persönlichem Risiko (gemessen an Verschreibungs- und Gesundheitsdaten) ist sicherlich längst in der Mache – wer heute eine Lebensversicherung oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschliessen will kennt das längst (die BU wurde übrigens von einer solidarisch allen zugänglichen staatlichen Leistung vor einigen Jahren in eine privat zu beziehende umgewandelt – die leider nur noch bestimmten Menschen, deren Daten stimmen, zugänglich ist).
Worauf ich hinaus will – Daten und BigData kommen vor allem mit einem Versprechen – Dinge zurechenbar zu machen. Jeder Datenpunkt ist ein Faktor in der individuellen Risiko-Kalkulation und Verhalten wird direkt in Prämie umgerechnet. Diese Modelle – egal ob es um Kreditrisiko oder Buchempfehlungen geht versuchen immer individuell zu sein, individuell ist die Königsklasse. Übrigens auch das Faszinosum, also hochindividuelle Empfehlungen, egal ob bei Partnervermittlung oder Urlaubsreise oder Fitnessberatung ist unser Streben in den Startups und Digital-Businessplänen.
Und wir Big-Data und Digital-Apologeten natürlich vorne an, wir lieeeben ja Data. Wirklich.
Meine Frage ist aber was das für Auswirkungen für solidarische Systeme hat wie meine gesetzliche Krankenversicherung mit ihren multipel abgeschotteten Daten, die sich einer CRM-Verwertung so standhaft entziehen? Oder anders gefragt: Wieviel neoliberale Anteile kaufen wir stillschweigend bei Big-Data und seinen Anwendungen mit ein?
Noch ein anderes Beispiel: Alle sind ja begeistert von der neuen Sharing-Kultur, right? Habt ihr schon mal in so einem Airbnb Haus gelebt, also dauerhaft? Das ist wirklich schrecklich, weil das Haus eben plötzlich so persönlich und verbindlich ist wie ein Ibis-Hotel. Man kennt niemanden, fremde Menschen begegnen einem auf dem Gang und man macht sich gar nicht die Mühe so eine sanfte auf-dem-Gang Beziehung aufzubauen wo man nach 3 Monaten leise Hallo murmelt weil die Person eh in einer Woche nie mehr gesehen werden wird.
Sharing-Kultur heisst eben auch Zerstörung von sozialem Lebensraum, in diesem Fall der Hausgemeinschaft. Es heisst übrigens auch Kommerzialisierung einer Sache die bis dato privat war – nämlich seine Wohnung jemandem überlassen den man kennt und nett findet (oder sein Werkzeug, sein Auto usw.). Und vertrauenswürdig. Achso, dafür gibt es ja jetzt ein Bewertungs-System und eine Versicherung, stimmt.
Auch diese Debatte gibt es ja, New York versucht AirBnb einzugrenzen durch gesetztliche Vorgaben und in Berlin gibt es ähnliche Überlegungen. Alles viel gescholten von der Digital-Industrie als Innovationsfeindlichkeit und Verhaftetheit mit dem alten, voll Bouffier-haft eben.
Und ich denke so – haben wir die gesellschaftlichen Effekte von Big-Data und seinen Anwendungen ausreichend bedacht?
Gibt es Möglichkeiten Entsolidarisierungseffekte von BigData-Anwendungen zu verhindern oder gar ins Gegenteil zu verwandeln? Ich weiß, die Sharing-Kultur kommt ja häufig explizit mit diesem Versprechen sozial zu sein daher, so ganz glaube ich das halt nicht. Ist nicht in dem Opaken der Daten, also der Nichtverfügbarkeit, Undurchlässigkeit etwas konserviert was wir mit Datentransparenz notwendig auslöschen? Und – was ist in diesem Fall eigentlicht Transparenz – ist das nicht eher Einschränkung von Autonomie die sich im Opaken nur entfalten konnte unter dem Mäntelchen des Empowerment? Und überdies – warum führen wir eigentlich die gesellschaftlichen Debatten die zu den obigen Datenschutzbestimmungen und zahlreichen anderen Schutzprinzipien geführt haben in Bezug auf BigData nicht?

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Ihr fragt ob #Aufschrei was bewirkt hätte, really?

March 28th, 2013 — 11:49am

Heute das Interview mit Anne Wizorek aka @marthadear auf EinsLive zu Aufschrei gehört. Dabei stellte der Moderator die Frage, was denn die #Aufschrei-Debatte bisher gebracht hätte.
Da musste ich kurz Luft holen, denn mein Eindruck ist, dass unheimlich viel passiert ist seitdem.
Um das zu verstehen, muss man vermutlich erstmal über Schweigen reden. Und der Moderator meinte ja auch ob Anne den Eindruck gehabt hätte, da hätte sich etwas angestaut, was jetzt durch die Brüderle-Sache nur endlich hochkam. Ja, ich glaube genau das. Aber ich glaube auch, dass die meisten total unterschätzen, was da genau gelauert hat, seit wievielen Jahren und mit welcher zerstörerischen Kraft. Denn Schweigen – also das Gegenteil von #Aufschrei ist mit großem Abstand das dominierende gesellschaftliche Muster für jegliche Art von sexuellen Übergriffen. Und zwar so sehr, dass es mit dem Opfern selbst anfängt, unmittelbar wenn es passiert häufig. Es wird weitergeschwiegen von den Müttern und Vätern, Freunden, Leuten die dabei waren, Medien, Pfarrern, Sozialarbeitern. Und natürlich können die Täter so unglaublich komfortabel auf den allgemein gültigen, absolut undurchlässigen Mantel des Schweigens setzen. Der übrigens unterschiedlich daherkommt, also z.B. gerne auch in der Form der Verniedlichung, wenn nichts sagen halt grad keine Option ist (wie man schön am Bundespräsidenten sehen konnte).
Das Opfer-Schweigen ist hart, langanhaltend und zerstörerisch. In meinem Fall hat es z.B. etwa 30 Jahre gedauert, bis ich erstmals gegenüber meiner Frau und dann meinem Therapeuten von einem Übergriff eines Freundes meiner Mutter erzählen konnte, der mir, dem 10-jährigen fröhlichen Jungen auf einem dunklen Weg, wo ich ihm komplett ausgeliefert war zwischen die Beine griff. Es hat nochmal zwei Jahre gedauert, bis ich meine Mutter erstmals darauf ansprechen konnte. In Summe also etwa 32 Jahre vom Übergriff bis zur Ansprache bei einer Schutzperson. Und ich schäme mich jetzt fast noch darüber zu reden*, während ich dies hier schreibe. Weil ich ja nicht vergewaltigt wurde. Weil es doch gar nicht so schlimm war. Weil ich mich nicht so haben sollte. Aber dieses Arschloch hat mir verdammt nochmal Horror-Angst gemacht damals, er hat alle Grenzen überschritten, mein Vertrauen missbraucht und ausserdem trickreich qua Schweigen die Schuld auch noch in mich reingekippt. Schuld dafür, dass ich nichts gesagt habe, sondern seine Hand nur wegschob. Schuld vor allem weil ich Angst davor habe, was er in den 30 Jahren seit damals alles getan hat, und dass ich es hätte verhindern können. Und zur Schuld natürlich diverse Angstvisionen, Therapiesitzungen in denen ich mühsam Schritt für Schritt diesen Weg mit meinem Therapeuten wieder abschreite, Tränen während ich dies schreibe usw.
Und ich kenne zig Beispiele aus meinem engeren Bekanntenkreis von Menschen, meistens Frauen natürlich die in irgendeiner Weise ähnliche Erfahrungen hatten (häufig unendlich viel schlimmere), ähnlich lange geschwiegen haben, ähnlich verwüstete Flecken in sich drin ein Leben lang mit sich rumtragen dürfen. Und ich habe drei Töchter, was derzeit einer Wahrscheinlichkeit von 100% eines sexuellen Übergriffs auf eine davon entspricht. Ich kann mich jetzt schon darauf einstellen da als Vater gescheitert zu sein und mir nur wünschen, dass ich nicht erst nach 32 Jahren zur Hilfe geholt werde.
Ich weiss nicht genau, was der Anteil des Schweigens daran ist, also an den Folgeschäden. Ich befürchte er ist gross, man ist im Schweigen allein, es wuchert vor sich hin und man fühlt sich schuldig (auch sich selbst gegenüber). Ich weiss relativ genau, was Schweigen für Täter bedeutet, nämlich Komfort, freies Spiel und ausbleibende Strafverfolgung.
So. Die #Aufschrei Debatte hat das Schweigen gebrochen, wenigstens mal kurz und für ein paar Wochen. Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass das halten würde. Aber ich sehe, was sich bei mir verändert hat, in meiner Firma (haben schon Vertrag mit einem Dienstleister gekündigt, der übergriffig war, auch das war bis dato verschwiegen worden), in der Öffentlichkeit, in der SPD mit ihren zahlreichen aufrichtigen Veranstaltungen in den letzten Wochen und an unzähligen anderen Stellen die ich jetzt nicht aufzählen kann. Ich finde die Initiatorinnen haben einen Publikumspreis für Mut und Aufklärung verdient, z.B. auf der re:publica.
Aber was wir nicht tun sollten ist irgendeinen Zweifel aufkommen lassen an der Richtigkeit und der starken Wirkung des Aufschreis. Das ist nur ein Schweigemechanismus zweiter Ordnung, der da angeschlichen kommt. Ich jedenfalls möchte dem unvermittelt in die Fresse hauen.

*und ich weiss genau, wie ich mich gleich wieder schlecht fühlen werde nachdem ich auf ‘publish’ gedrück habe, fuck it.

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Brüderle, so nah

February 6th, 2013 — 11:24pm

Als ich in den letzten Tagen wie viele aufmerksam die #aufschrei Debatte verfolgte, gab es diesen besonderen Moment, als ich kurz mal in mich reinhörte um etwas zu überprüfen. Der Auslöser war der Kommentar eines Journalisten, der meinte, der eigentliche Skandal bestünde darin, dass keiner der Journalisten-Kollegen an dieser Bar etwas gesagt hätte… Also, eine eigentlich unnötige Überprüfung, aber sie fand doch statt. Ausgehend vom Befund, dass dieses altväterliche Brüderle-Gehabe und überhaupt der Politik- und zugehörige Journalisten-Betrieb einem ja ganz und gar fern und fremd sei. Gestützt durch die Tatsache, dass ich ja in einer viel jüngeren und gänzlich offenen Branche arbeite, die so unmittelbar mit dem guten Internet verwoben ist. Daran denkend, was für zahlreiche innovative Dinge wir in der Firma auch noch tun und ausprobieren, Barcamps, offene Feedback-Formate, Familienfreundlichkeit, Eindampfen und Infragestellen von Hierarchien jeglicher Art usw.
Also eingewoben in all diese schützenden Gedanken stellte ich mir kurz die Frage, ob ich selbst schon mal Zeuge gewesen war von so einer Brüderle-Situation, also einem unangemessenen Übergriff auf eine Frau, egal welcher Art. Nur so theoretisch. Und fast hätte ich mich innerlich weggedreht mit nee, nee da ratterten die Szenen vor meinem Auge durch. Zahllose Fälle wo Kolleginnen unangemessen angemacht, angefasst, angestarrt und bedrängt wurden. Wirklich ohne Ende, im In- und Ausland, von Kollegen und Kunden, alle Variationen. Angefangen vom Hausmeister, der aus der Tür kommt und die Kollegin anfassen muss um an Ihr vorbeizukommen über eine andere Kollegin, die von einer Gruppe Kunden bedrängt wurde, bis hin zu völlig unangemessenen, herabwürdigenden und offen sexistischen Kommentaren eines Kollegen nebenbei in einer Team-Situation. Und sogar inkl. einer Kundenveranstaltung, auf der selbst meine Frau vom Geschäftsführer eines Kunden so angemacht wurde, dass sie sich in eine andere Ecke des Raumes geflüchtet hatte. Und endlos war die Liste selbst dann, wenn ich alle Fälle ausklammerte, wo Kolleginnen ein Verhältnis angedichtet wurde, sie übergangen wurden oder andere eher machtgetriebene Respektlosigkeiten am Start waren.
Und ich immer dabei, schweigend, nichts tuend. Unangenehm berührt, angeekelt, ja. Aber – und das obwohl ich das meiste in einer komfortablen Rolle als Chef erlebt habe – in keiner einzigen Situation einschreitend oder auch nur klar Stellung beziehend. Manchmal einen flapsigen, um Verbrüderung bemühten Kommentar, meist jedoch: Schweigen. Drüber hinwegsehen. Kein Aufhebens drum machen. Ich schäme mich wirklich dafür. Und ich bin überwältigt davon, welches leicht sichtbare Ausmaß es hat und wie bleiern das Schweigen, Ignorieren und Wegschauen drüber liegt. Das muss Aufhören. Und natürlich muss ich mir die Frage stellen, warum eigentlich? Es sind durchaus substantielle Werte, für die ich zu stehen meinte, die ich damit verletzt habe. Klar gibt es diesen Scham-Mechanismus, der übrigens bei allen sexistischen Übergriffen sofort greift und den die Täter sich immer und immer wieder zunutze machen. Ein bisschen frage ich mich allerdings auch, ob es ok ist sich – als Mann – auf diesen Mechanismus rauszureden. Und ob nicht doch sogar eine geheime Verklebung mit dem ganzen – kaschiert durch die Scham-Nummer – irgendwo mitwirkt. Wie ekelhaft. Ratlos.

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Letter to my greek friends

June 16th, 2012 — 9:29am

The first time i came to your country was when i was sixteen. Came with the train to Athens and then obviously with a ship to the Kyklades. What an amazing country, how friendly you were. But i also loved your way of living, for instance when we had to embark one of those big ferries your strategy was just to open the doors and wait until everybody (including big trucks, animals, kids) managed to either enter or move out of the ship. I returned several times with my wife, kids and a lot of friends. And we will come this summer once more.
But let’s not talk memories and how beautiful your country is – you are in big trouble. And i know that many of you are not only suffering and fearing their sheer existence and how to buy food for your kids (not to mention their education and their fear to never get a job), but you also feel guilty for what has happened to your country, and perhaps even more guilty what people are telling you will happen to the european union if you finally fail.
Because everything seems so obvious. Your government is spending more money than what they earn. There is a lot of debt. You cheated when entering the EU-System and now everyone feels like you created all this mess on your own.
But hold on.
Besides feeling terribly sorry when i see how your people are suffering, how people are living on the streets and fighting for their living just because there is no money for food and clothes for their babies – besides this.
And also besides the fact that you indeed are dealing with many things (like taxes for example) in a non optimal way – but which country in the EU could claim to not have problems like this? Italy? Germany? Which country did not rely on increasing their debt over the last 10 years? Not a single one.
So first of all i have the deep feeling, that you are suffering from something that was created by all of us and that we should all suffer from (or go to the root and change the whole thing). And given the fact that almost all EU countries are suffering from the same economical problems it’s so absolutely disproportionate what we are seeing on the news every evening. So please stop feeling guilty – even the cheating at the beginning should not be an exception simply because everyone knew, right? And if there is anyone that should feel guilty it’s the managers of Goldman Sachs, Deutsche Bank and their friends plus the ones on the political side who failed to implement efficient controls for the financial system.

And now to the central point. I am not an economist, but in times when even professors in economy seem to fail explaining what is going on that does not have to be a bad thing. So why did everyone know that you were cheating with the EU entrance criteria and no one stopped you? Why did we create a worldwide financial system that not only allowed the huge amounts of debt but also created unbelievable amount of profit for a few on top of it? And finally – why is my country, Germany doing so well where everyone is suffering?
Oh yes, we are more efficient, working harder, retiring at 67 and not 59. Sorry to forget.
Please my greek friends – do not believe this shit.
The European Union is one of the most fascinating political projects of our times and i always feel a little bit proud and amazed when i see those huge buildings in Brussels. And i truly believe that we should invest everything to create a true european union – built for people, humanity and democracy. But let’s get real. The European Union, especially the EURO was mainly built in favor oft he strongest members of that Union (and their big companies and banks) to create a unified market and a strong currency so that we can sell our goods to your country and easily move around money and let the financial system flourish.
Now this system crashed, and we should all have in our minds why it crashed and what actually crashed. Because it was not your country in the beginning but the Banking system, right? The system is actually shouting at you “don’t mess with the banks!”. And i think “we should start messing around with them”.
My dear Greek friends, please stop feeling guilty. And take our money, it’s actually yours. You are not only a beautiful country but almost everything that constitutes our democracy started on your ground. We have to fix the mess we created which is a system built to make money for a few and let the rest suffer or work for nothing. You can be a starting point to fix this, but unfortunately it’s not the time for dreams.

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Lieber Hermann Scheerer

November 24th, 2010 — 12:19am

Ich bin ja im Allgäu gross geworden – genaugenommen in Hindelang (heute “Bad Hindelang”). Das war nicht immer ganz einfach, denn die CSU hat nicht umsonst dort Wahlergebnisse jenseits von 60% – seit Jahrzehnten.

Als ich auf Gynmasium kam waren ein paar Einheimische – darunter meine bis dato besten Freunde – aus dem “Oberdorf” heruntergekommen um mich zu verprügeln – angeblich bildete ich mir ein etwas besseres zu sein usw. Mein grosser Bruder klärte die Situation.

Das Gymnasium selbst war nicht viel besser, ein 70er Betonklotz, geleitet von einem Strauß-Spezl und natürlich mit eisernen Prinzipien. Aber dennoch auch ein Fluchtort, Fenster zur Zivilisation und tatsächlich erster Hinweis auf “it get’s better”. Das hatte natürlich viel mit bestimmten Lehrern zu tun – wir wurden ja von einer lustigen Mischung aus 68ern und denen die diese einst bekämpften unterrichtet (z.B. Herr Madajewski der bis heute der Grund ist warum ich keine Komma-Regeln beherrsche).

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Liebe SPD…

September 26th, 2010 — 9:26am

…heute rufst Du deine Mitglieder in Berlin zum Bundesparteitag zusammen. Unter anderem wollt Ihr darüber sprechen, wie man die sog. “Integrationsverweigerer” stärker massregeln kann als das bisher geschieht.

Ach SPD. Ich verstehe schon. Sarrazin verkauft sein Buch wie geschnitten Brot und ein paar Marktforscher haben Euch gewarnt, Ihr könntet Zustimmung verlieren, wenn Ihr ihn ausschliesst. Da seid Ihr ein bisschen vorsichtig geworden – man will ja den Aufwärtstrend nicht leichtfertig verspielen. Und im Prinzip hat er ja recht, gell? Halt ein bisschen unglücklich formuliert hier und dort. Könnte man die offensichtliche Zustimmung in der Bevölkerung nicht sogar geschickt nutzen und für weiteren Rückenwind sorgen? Einen Versuch wäre es wert.

Oh wie falsch bist Du unterwegs damit SPD – Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie sehr Du schon wieder anfängst Deine Seele zu verraten und Deine Freunde zu verschrecken.

Gibt es wirklich nur den Weg der Selbstaufgabe vor dem Pöbel? Der Anbiederung an Mehrheitstrends?

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Datenananyse und PR bei Apple

July 16th, 2010 — 9:23pm

Oh Apple. Du alte Ananysehippe. Du anankastische Datensaugglocke. Wo ist eigentlich dein Blow-Out-Preventer? Du vom Android übermannte. Aber wie poetisch Deine Gläser zerspringen. Und alle GPS codes suppen heraus aus Deinem bauchigen Gehäuse. Was denkst Du dir dabei? Ist es geil? Du mit Deinen Briefen und so. Und den Chefmails, angeblichen. Was kauerst Du da so rum? Leo hat mich beeindruckt mit Dir, das ist Jahre her. Eine Tüte von Deinem store an der avenue wahrte ich auf für lange Zeit. Zum Sammler machste mich. Ach Apple. Popapple.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=j2_mPkV4Ri8[/youtube]

PS & Disclaimer: Dies war eine Auftragsarbeit

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